Eines Tages zog ein Maulwurf unter eine Wiese

Pelziges und sehr kurzsichtiges Feindbild Verehrer kahler Gärten ist der Maulwurf. Trotz oder gerade deshalb lassen sich anhand dieses kleine Insektenfressers die Themen Umweltschutz und Klimawandel hervorragend verdeutlichen. So auch in Torben Kuhlmanns 2015 veröffentlichtem Bilderbuch Maulwurfstadt.

Verehrer kahler Gärten und akkurat gestutzter Rasen haben ein klares, pelziges und sehr kurzsichtiges Feindbild: den Maulwurf. Obwohl dieser kleine Insektenfresser zu den besonders geschützten Arten zählt, leidet er seit Jahrzehnten nicht nur unter übereifrigen Gartenliebhabern sondern auch unter der fortschreitenden Flächenversiegelung. Im Kinderbuch thematisierte dies der Karikaturist und Kinderbuchautor Luis Murschetz bereits Anfang der 1970er Jahre. Dort verlor ein kleiner Maulwurf namens Grabowski durch die Zerstörung einer grünen Wiese sein Zuhause. 

Über 40 Jahre später zog erneut „ein Maulwurf unter eine Wiese. Dort blieb er nicht lange allein.“ Unzählige weitere Maulwürfe folgten und über Generationen hinweg errichteten sie eine Maulwurfstadt oder treffender eine Maulwurfmetropole. Die Folgen dieser Maulwurf-Industrialisierung im Schnelldurchlauf werden immer offensichtlicher und „Maulwurfgenerationen später war das Grün der Wiese fast völlig verschwunden. Fast …“

Eines Tages zog ein Maulwurf unter eine Wiese. Dort blieb er nicht lange alleine.

Mit einem ‚Agreement on Green‘ gelingt den Maulwürfen die Energiewende gerade noch so und schon bald drehen sich Windkraftanlagen auf den Maulwurfshügeln. Ob uns im wahren Leben ein Maulwurf-Happy End vergönnt ist bleibt fragwürdig, einen besseren Denkanstoß in Bezug auf Klimawandel und Umweltzerstörung als Toben Kuhlmanns Maulwurfstadt kann es aber kaum geben. Ihm gelingt mit sehr wenig Text und unbeschreiblich wundervollen Illustrationen das perfekte Bilderbuch. Jede Seite kann ohne Probleme als eigenständiges Kunstwerk betrachtet werden und lässt aufgrund seines Detailreichtums immer wieder Neues entdecken. So findet sich beispielsweise die bekannte Fotografie ‚Lunch atop a Skyscraper‘ von Charles C. Ebbets auf dem Vorsatzpapier wieder, ein ‚Braune Brause‘-Logo ziert den Maulwurf-‘Times Square‘ oder der Controller einer Spielekonsole (Super Nintendo Entertainment System) baumelt aus einer Maulwurfwohnung. Also Buch geschnappt und auf die grüne Wiese gelegt – es gibt so viel zu entdecken!

Torben Kuhlmann: Maulwurfstadt
Druck und Bindung: Grafisches Centrum Cuno, Calbe
NordSüd Verlag 2015, 32 Seiten, 15,00 €
ISBN 978-3-314-10274-5